I
Weiße Göttin
versteinerte Anmut
unberührt nackt
wie frisch gefallener Schnee
Beseelt ist dein Stein
wenn mein Traum
dich berührt
Wir atmen uns zu
Mein dunkles Gesicht
Du hauchst
es grün
Ich bin
das lebendige Lied
deiner schweigenden Lippen
MariaLuise König
(12.09.2003)
|
II
Heißer Mittag
sengender Strahl
Er trifft mich
und den weißen Stein
lähmt den Atem
seiner Sendung
Hohe Göttin:
Nichts geht verloren
weil mein Durst bleibt
aus allem Göttlichen
zu schöpfen:
dass es sich mir
im Geheimnis
offenbart
MariaLuise König
(15.09.2003)
|
III
Am Dickicht
verschwimmt in
dämmergrüner Nische
ihre bleiche Gestalt
Der Garten entrückt
und raunt
im mondweißen
Orakel seiner
entzückten Göttin
Ihr geweihte Erde
löst die
versteinerten Zungen
verstummter Liebe
Ein Liebeszauber
durchwebt
die weiße Nacht
MariaLuise König
(15.09.2003)
|
IV
Dem Mysterium
nahe das
ein Nachthimmel wölbt
Ahnung funkelt
die sternoffene
mächtige Kuppel
Sinkt
dunkles Glockengeläut
antwortschwer herab?
Gebete murmeln
im mondverlöschenden
Tempelgarten
Dunkelheit umstrickt
die steinerne Göttin
den suchenden Mund
Morgengrauen
wölkt am Himmel
überschleiert den Garten:
das nicht empfängliche
Geheimnis
MariaLuise König
(18.09.2003)
|